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„Potomitan“ – Die Last der Stärke: Gaël Octavia zu Gast in Ruhrort

Die preisgekrönte Autorin Gaël Octavia (Mitte) war zu Gast bei der Deutsch-Französischen Gesellschaft Duisburg, links David Babin vom Centre culturel Essen, rechts Waltraud Schleser, Vorsitzende der DFG Duisburg. Foto: DFG Duisburg

Am Montag, dem 16. Juni, war im „Plus am Neumarkt“ in Duisburg-Ruhrort die Autorin Gaël Octavia Gast der Deutsch-Französischen Gesellschaft Duisburg e.V.  Gaël Octavia, eine Künstlerin aus Martinique, die als Schriftstellerin, Theaterautorin, Regisseurin von Kurzfilmen und Kunstmalerin tätig ist, hat erst vor Kurzem den äußerst renommierten französischen Literaturpreis „Prix Goncourt de la Nouvelle“ erhalten, wozu die DFG ihr herzlich gratulierte.

Die Autorin, deren Lesung im Rahmen einer Reihe zum Postkolonialismus präsentiert wurde, wurde schon mit „La Fin de Mame Baby” und „La Bonne Histoire de Madeleine Démétrius” bekannt. Die Auszeichnung bekam sie für den Novellenband “L’étrangeté de Mathilde T.”

Souverän moderiert und übersetzt von Waltraud Schleser und David Babin erläuterte die sympathische Autorin verschiedene Stellen ihrer drei Bücher. Dabei kommt es ihr immer darauf an, die Sicht der Frauen einzunehmen. Wie gehen sie mit dem Machismo der Männer, ihrer festgelegten Rolle in der Gesellschaft um? Dabei lernten alle Anwesenden ein neues Wort: Potomitan. Es ist unübersetzbar, steht es doch für die Frau, die immer stark ist, die alles erduldet, die immer aufrecht steht, die der Mittelpunkt der Familie ist, die sich insbesondere um Mann und Sohn kümmert.

Dass dieses Bild mit der Realität wenig zu tun hat, zeigte die Autorin eindringlich anhand verschiedener Textstellen. Ja, es gebe diese Frauen. Aber die Mehrheit der Frauen bekäme Depressionen, würde krank oder sogar verrückt angesichts der ihr zugewiesenen Rolle und der an sie gerichteten Erwartungen. Und wenn der Ehemann die Frau verlasse, dann bliebe ihr nur der Sohn, zu dessen Lebensmittelpunkt wiederum die Mutter werde, weswegen er Ehefrau und Kinder vernachlässige. So würde sich ein Teufelskreis ergeben.

Das zeige sich auch in der Sprache, denn im Französischen gebe es für den Mann zwei Bezeichnungen: mari (Ehemann) und homme (Mann) und er könne beides unabhängig voneinander sein. Ebenso könne der Junge einfach ein Junge (garçon) oder ein Sohn (fils) sein. Für die Frauen zeige aber schon die Tatsache, dass es jeweils nur ein Wort gebe, dass sie immer im Verhältnis zum Mann wahrgenommen werden: femme bedeutet Frau und Ehefrau, fille Mädchen und Tochter. Sie ist also immer beides und kann das eine nicht ohne das andere sein.

Zur Sprache kam auch ausführlich die Rolle der Hautfarbe in Martinique, der jeweils ein sozialer Status zugeordnet werde. Geschichtlich bedingt waren es die Sklavenhalter (blanc) und die Sklaven (noir), aber in der Folge gebe es eben auch jede Schattierung dazwischen und viele Menschen leiteten ihren Stolz, ihre Identität von eben dieser Schattierung ab, so die Autorin. Kein leichter Job für die beiden Übersetzer, denn sie mussten mit Worten balancieren, die man im Deutschen so nicht mehr ohne weiteres sagen kann, was zahlreiche Erläuterungen erforderte.

Insgesamt war es ein ausnehmend spannender, lehrreicher und sprachlich wunderschöner Abend mit einer Autorin, von der wir hoffentlich noch viel hören werden. (Text: Claudia Kleinert). 

 

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2025-06-18T18:03:09+02:00

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