Referent: Prof. Dr. Volker Reinhardt (Université Fribourg)
Für die Nationalgeschichtsschreibung Italiens im 19. Jahrhundert brach mit der spanischen Herrschaft in Mailand und Süditalien im 16. Jahrhundert ein Zeitalter der Unterdrückung und Entfremdung an: Durch steuerliche Ausplünderung und von außen erzwungene Implantierung fremder Werte habe Italien seine Identität verloren, die es jetzt in einem vereinten Nationalstaat glanzvoll zurückgewinnen gelte. Die neuere Forschung sieht die Geschichte Italiens zwischen Renaissance und Napoleon sehr viel differenzierter. Die Herrschaft spanischer Vizekönige und Gouverneure hat das Elitengefüge darunter und die Dominanz lokaler Oligarchien nicht gestört, sondern gefestigt und domestiziert. Und die Wirtschaftskrisen, die sich ab etwa 1600 teilweise dramatisch bemerkbar machen, sind durch mangelnde Flexibilität für neue Märkte hausgemacht. Trotzdem bleibt Italien bis 1800 kulturell eine prägende Größe Europas. Die “Rückständigkeit” des Landes ist in diesem Licht überwiegend eine Erfindung romantischer Poeten und politischer Kreise, die sich durch einen nationalen Zusammenschluss Einfluss und Profit versprechen.
Eine Gemeinschaftsveranstaltung der DFG, der VHS, der Vereinigung “Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.” und weiterer Partner.
Teilnahme kostenlos. Anmeldung bei der VHS erforderlich. Danach erhalten Sie den Zugangslink für den online-Vortrag.
Bild : Fattori, Garibaldi a Palermo, circa